Schwer zu bändigen war ich, Jahrgang 1950, schon immer. Störrisch, jähzornig und streitbar waren da noch die gemäßigten Urteile anderer über mich. Geboren im schönen Erdmannsdorf am Fuße der Augustusburg, aufgewachsen in Kamenz und später in Dresden, war auch meine Kindheit mehrfach gebrochen durch unterschiedliche Weltauffassungen meiner Eltern. Meine Mutter durfte ich nie leibhaftig kennenlernen, weil mein Vater - im Staatsdienst - keinen Kontakt zu meiner 1952 republikflüchtig gewordenen Mutter pflegen durfte. Diese Brüche setzten sich später fort, als ich dies alles mit fünfzehn Jahren erfuhr, wobei mein Verhältnis zur Stiefmutter immer etwas gespannt war und auch bis zu ihrem Ableben blieb. Versuche der Kontaktaufnahme scheiterten nur wenig später nach ersten Versuchen am Sicherheitssystem, was auch rund um die Staatsbediensteten aufgebaut war. Meine Briefe wurden abgefangen und meine Beziehungen zur Großmutter mütterlicherseits abrupt gekappt, was in mir den Wunsch nach Republikflucht weckte. Auch als Zimmerer-Lehrling war ich später nicht ganz einfach zu halten, wenngleich mir der Beruf viel Spaß machte und ich an vielen Dresdener Großbauten "des Sozialismus" wie der Prager Straße, dem Haus der Presse und einigen anderen mitwirken durfte. Mit den Kumpels haben wir so manchen Blödsinn gemacht, wie auf der Brüstung des Hauses der Presse - eine 20 cm breite, umlaufende Betonkante in 45 Meter Höhe - im Gänsemarsch rundherum. Nur dumm, dass die FDGB-Zentrale im Haus gegenüber unser Treiben bei der Werkleitung angezeigt hatte. Den Umzug zur Baustelle "Carolabrücke" und auch der A14 erlebte ich nicht mehr - Wirbelsäulendysplasie zwischen vierten und fünften Wirbel und damit das aus für das Schleppen der einst schweren hölzernen Gerüststangen und der Zimmerei. Noch tief im Gedächtnis, meine alte Brigade mit Brigadeleiter Franz. So sollte mein Hobby zum Beruf werden. Die Liebe zur Mineralogie, einst im heimatlichen Erdmannsdorf/ Ortsteil Kunnersdorf am Fuße der mineralogisch interessanten Kunnersteinspalte geweckt, später am Museum für Mineralogie in Dresden in der Jugendgruppe erweitert, blieb bis heute erhalten. Die Armeezeit brachte den nächsten Bruch in meiner Biografie. Nur wenige Monate durfte ich als Mitarbeiter am Museum in der Dresdener Augustusstraße verbleiben. Die Einberufung zum mehrjährigen Armeedienst wurde mit einem Mittagessen im Italienischen Dörfchen, dem dreibändigen Kapital von Karl Marx, zusammen mit meinem hochgeachteten Mentor Dr. Dieter Beeger besiegelt. Noch dankbar erinnerlich ist mir die Mannschaft des Museums mit Dr. Hans Prescher, Dr. Harald Walther, Dr. Werner Quellmalz und der Sekretärin Frau Weiß, Bärbel Bastian und meinem direkten Betreuer, Kustos Merbitz. Aus der Verpflichtung "zehn Jahre" Armeedienst wurden drei, dank eines guten Freundes und meine liebe Frau Regina aus Magdeburg überzeugte mich, dass meine beabsichtigte Heimkehr ins geliebte Dresden doch mit Magdeburg zu tauschen sei. Schwiegervater brachte mich in seinem Betrieb unter, die zweite Lehre zum Karosseriebauer, ein insgesamt zwölfjähriges Fernstudium mit Abschlüssen in Pädagogik, Maschinenbau und Kader- und Bildungsarbeit folgten. Zwei tolle Kinder brachten neben Nervenaufreibendem viel Schönes und Buntes in unser beider Leben im Haus der Schwiegereltern und viele Erlebnisse prägten unser weiteres Leben. Russland durften wir mehrfach zwischen Murmansk, Armenien und Krim bereisen und lernten auch Ukrainer etwas näher kennen. Angefüllt mit Arbeit, meist kein Achtstundentag bei meiner Frau und mir, kümmerte sich Schwiegermutter Waltraud oft nicht ohne Stolz um ihre Enkel und wir versuchten, das Beste aus jeder Situation zu machen. Die Wende erlebte ich mit etwas gemischten Gefühlen. Noch heute überläuft mich kalter Schauer, wenn ich an die Hasstiraden mancher so genannter "Demonstranten" denke, die gegen damals herrschende Politiker vom Stapel gelassen wurden. Aber auch viel Wahres war an den Beschuldigungen gegen das System dran, wenngleich keiner dies ändern konnte. - WIE HEUTE! - Heute ist die Ideologisierung der Gesellschaft mindestens ebenso krude und polarisierend geworden, wie in den Wendejahren, nur dass selbst gestandene Hochschullehrer sich der Giftpfeile gegen Andersdenkende in einem Ausmaße bedienen, was aus meiner Sicht sogar staatsgefährdend werden kann. Nach der Wende noch schnell die einzelnen Betriebsteile meines Betriebes mit einst 1.900 Beschäftigten auf Druck und Forderung in die Selbstständigkeit entlassen und danach wieder ziellos nach einem neuen Sinn des Lebens gesucht. Förderlich waren dabei die neuen Beamten in den Ämtern keinesfalls. Hatten sie doch die Aufgabe, alles Alte zu zerschlagen und dazu gehörte eben auch das "systemrelevante" Personal, so der existenztötende Ansatz, einschließlich des Handelns jener Leute damals. Viele der neuen Hörigkeit behaupten heute noch, das dies richtig war. Allerdings ändert sich heute, 2020, gerade die Situation etwas und jene, die uns aus der arbeitenden Gesellschaft gejagt haben, spüren selbst zunehmenden Druck, auch wenn es immer weniger werden, die die gute alte Zeit erlebt hatten. Heute sucht man händeringend jene Fachleute, die in der einstigen DDR nicht selten waren. Jene Arbeiter, die aus sehr wenig sehr viel machen konnten, übersetzt: aus Sch... Gold! Aber sei es. Die Journalistik forderte schließlich von mir als Seiteneinsteiger ein nochmaliges zweijähriges Fernstudium, diesmal allerdings - im Gegensatz zum bildungsaffinen Vorgängerstaat, gegen bare Münze. Prächtig entwickelt hat sich aber in diesen 30 Jahren nach der Wende Magdeburg. Wenn auch kein Vergleich zum wiedererstehenden barocken Dresden, so hat doch die l(i)ebenswerte, trutzige alte preußische Festungsstadt ihr Image vom verstaubten Schwermaschinenbaustandort vertauscht gegen eine zunehmend touristisch interessante, saubere 1.200jährige Stadt, die man eigentlich nur gern haben kann. Dem Kapital sei Dank! Der Bilderordner Magdeburg zeigt vielleicht einige wenige der vielen Sehenswürdigkeiten meiner Wahlheimatstadt. Lassen Sie es von mir mit auf den Weg geben: die einst mächtigste alte Kaiserstadt, eine der Wiegen der Reformation und heimliche Hauptstadt Preußens hat Ihre Aufwartung mehr als verdient.